23 Nov 2021 • 6 min

Mehrwertsteuer Polen: Ratgeber zu Sätzen und Rückerstattung

Daniel Michael
Experte für europäische Steuerthemen
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Polen ist aufgrund der geringen Mehrwertsteuer für viele Online-Händler Thema geworden. Die Umsatzsteuersätze befinden sich zwischen 0% und 23% und nicht zuletzt aufgrund der attraktiven geographischen Lage in Mitteleuropa kann Polen für Deine Transaktionen eine relevante Rolle spielen.

Die Umsatzsteuer wurde in Polen erst nach dem Fall des Ostblocks im Jahr 1993 eingeführt und wird wie im englischen auch als Value addet tax, kurz VAT bezeichnet. Wir blicken im Detail auf die aktuellen Mehrwertsteuersätze in Polen und betrachten insbesondere den Import und den Export von Waren.

Auch die Formalia finden Beachtung: Konkret erhältst Du Hinweise für die Registrierung für die polnische Mehrwertsteuer und natürlich für Deinen Antrag auf Rückerstattung.

Mehrwertsteuer in Polen: Normalsatz und reduzierte Sätze

Insgesamt existieren in Polen drei Steuersätze. Dies liegt daran, dass einige Produkte nur mit einer ermäßigten oder stark ermäßigten Mehrwertsteuer belegt sind. Steuererhöhungen sind auch in Polen nicht unbekannt.

Im Januar 2011 beschloss die Politik eine Anhebung aller Umsatzsteuersätze. Ziel war, den Staatshaushalt zu unterstützen, weil sich die Staatsverschuldung zu diesem Zeitpunkt einem kritischen Bereich näherte. Mit dieser Erhöhung der Mehrwertsteuer wurden in diesem Zuge auch Produkte mit einer Steuer belegt, die zuvor davon befreit waren.

Zu diesen Produkten zählten Zeitschriften und Bücher sowie Artikel für Babys und Kleinkinder. Auch heute gibt es noch Bereiche, die nach wie vor vollständig von der Umsatzsteuer befreit sind. Dazu zählen z.B.:

  • Bildungsausgaben

  • Versicherungen

  • Finanz- und Sozialdienstleistungen.

Umsatzsteuer Standardsatz (23 %)

Der Standardsatz der Umsatzsteuer in Polen beträgt 23 %. Die Umsatzsteuer kann natürlich auch in Polen unter bestimmten Voraussetzungen zurück erstattet werden. Dazu soll im Verlauf noch genauer eingegangen werden.

Reduzierter Satz (8 %)

Der reduzierte Steuersatz in Höhe von 8 % gilt z.B. für einige medizinische Produkte sowie einige ausgewählte Lebensmittel. Unter den reduzierten Satz fallen zusätzlich:

  • Zeitung

  • Radio- und Fernsehsendungen

  • Catering

  • Bau- und Handwerksarbeiten

Reduzierter Satz (5 %)

Unter den stark reduzierten Umsatzsteuersatz von 5 % fallen Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch und Fleisch. Fachzeitungen und gedruckte Bücher unterliegen ebenfalls 5 Prozent Umsatzsteuer.

Seit dem 01. April 2019 werden auch E-Books mit 5 % versteuert. Vorher wurden diese auch mit 23 Prozent besteuert.

Nullsatz für die polnische MwSt

Wie viele andere Länder auch hat auch Polen Bereiche, in denen keine Mehrwertsteuer erhoben wird. Das heißt, es gibt einen sogenannten Nullsatz. Zu diesen mehrwertsteuerfreien Produkten gehören:

  • Finanzdienstleister

  • Versicherungen

  • Dienstleistungen

  • Ausbildung

  • Wohnung (Inkl. Vermietung)

  • Lieferdienste

  • Gewisse kulturelle Dienstleistungen

  • Krankenleistungen und einige Sozialleistungen

Unternehmerischer Handel mit Polen

Als Unternehmer musst Du bei Handelsaktivitäten mit Polen stets unterscheiden zwischen der Lieferung an Privatpersonen und der Lieferung an Gewerbetreibende. Daher zeige ich Dir, wie sich der Handel mit Polen bezogen auf den Export und Import darstellt.

Export nach Polen

Grundsätzlich muss Dein deutsches Unternehmen, wenn es an einen polnischen Unternehmer liefert, keine Mehrwertsteuer ausweisen. Die Steuerschuld obliegt dem Leistungsempfänger. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei Deinem Export nach Polen um eine Ware oder eine Dienstleistung handelt.

Auf der Rechnung muss der deutsche Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des polnischen Unternehmers angeben. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Ware korrekt über das Reverse-Charge-Verfahren versteuert werden kann.

Ferner vermerkst Du auf Deiner Rechnung "Die Mehrwertsteuer schuldet der Leistungsempfänger." Um über jeden Zweifel erhaben zu sein, bewahre die Speditionsbescheinigungen auf. So kannst Du nachweisen, dass die Ware tatsächlich nach Polen geliefert wurde.

Sollte es sich um eine Warenbewegung zu einer Privatperson in Polen handeln, kann der deutsche Verkäufer bis zu einem Schwellenwert in Höhe von 160.000 polnischen Zloty (ca. 35.000€) entscheiden, ob er die deutsche oder die polnische Mehrwertsteuer in Rechnung stellt. Maßgeblich ist dabei der Gesamtumsatz innerhalb eines Kalenderjahres.

Entscheidet man sich für die polnische Mehrwertsteuer, bindet man sich für 2 Jahre an diese Mehrwertsteuer und ist verpflichtet eine Umsatzsteuermeldung und eine Umsatzsteuererklärung in Polen abzugeben.

Import aus Polen

Beim Import von Waren und Dienstleistungen aus Polen handelt es sich ebenfalls um innergemeinschaftliche Lieferungen. Du bist also als Käufer verpflichtet, die Umsatzsteuer nach den Vorschriften Deines Landes an das deutsche Finanzamt abzuführen. Der Verkäufer tätigt daher seinerseits nur eine innergemeinschaftliche steuerfreie Lieferung.

Entsprechend steht auf der Rechnung des polnischen Unternehmer an Dich die gleiche Formulierung wie bei Deiner Export-Rechnung nach Polen. Zudem ist Deine deutsche Umsatzsteuer-ID angegeben.

Registrierung für die Mehrwertsteuer in Polen

Wenn Du Interesse hast, Dich als Unternehmer für die Mehrwertsteuer in Polen zu registrieren, kannst Du Dir genaue Informationen auf der Seite des polnischen Finanzministeriums einholen.

Diese Informationen sind allerdings nur in polnischer Sprache verfügbar. Etwaige Kurzversionen einzelner Inhalte werden dabei aber in englischer Sprache zu Verfügung gestellt.

Konkret musst Du die Formulare NIP-2 (Formular zur Steueridentifikationsnummer) und VAT-R (Formular zur Umsatzsteuerregistrierung) ausfüllen und diese an das Finanzamt in Warschau senden. Eine Umsatzsteuerbescheinigung, ein Auszug aus dem Handelsregister bzw. den Gesellschaftervertrag, ein polnisches Bankkonto sowie einen polnischen Buchhalter musst Du ebenfalls nachweisen.

Die Anschrift der Behörde lautet:

Leiter des Zweiten Finanzamtes Warschau Mitte

(Second Tax Office for Warszawa-Śródmieście)

ul- Jagiellońska 15, 03-719 Warszawa

Tel. 0048 22 11 3500

Fax 0048 22 5113502

E-Mail: us1436@mz.mofnet.gov.pl 

Lieferschwellen

Wenn Du als Unternehmer die Lieferschwelle erreichst, ist es zwingend notwendig, sich für die Umsatzsteuer in Polen registrieren zu lassen. Die Lieferschwelle bestimmt den Grenzwert für die Exporte von einem Land nach zu Polen.

Die Lieferschwelle liegt hier für deutsche Unternehmer, die nach Polen verkaufen, bei 160.000 polnischen Zloty (ca. 35.000€). Relevant ist stets der Gesamtexportumsatz in einem Kalenderjahr.

Mehrwertsteuer Erstattung: Umsatzsteuer aus Polen zurückholen

Die Rückerstattung der Mehrwertsteuer aus Polen gestaltet sich nicht unbedingt einfach. Die Anträge auf Mehrwertsteuer-Erstattungen müssen auf polnischer Sprache erfolgen.

Zwei Voraussetzungen müssen für die Erstattung in Polen erfüllt sein.

  1. Das deutsche Unternehmen muss in Deutschland für die Umsatzsteuer registriert sein.

  2. Während des Prozesses darf kein Verkauf innerhalb Polens stattgefunden haben und zudem dürfen auch keine innergemeinschaftlichen Lieferungen oder Exporte aus Polen getätigt worden sein.

Die Waren oder die erbrachten Dienstleistungen müssen zudem auf polnisch oder zumindest auf englisch angegeben werden. Bei Nichteinhaltung verlangt das polnische Finanzamt eine Übersetzung der Verträge oder der Rechnungen.

Diese Übersetzungen muss darüber hinaus von einem vereidigten Übersetzer stammen. Der gesamte Schriftverkehr beziehungsweise die Korrespondenz mit dem polnischen Finanzamt erfolgt zudem auf polnisch.

Hinweise und mögliche Probleme deutscher Unternehmer bei der Umsatzsteuer in Polen

Abgesehen von den bereits genannten Hürden bezüglich der Umsatzsteuer in Polen gibt es noch ein paar Besonderheiten beziehungsweise Schwierigkeiten, die schon in der Vergangenheit mit dem polnischen Finanzamt aufgetreten sind.

So kommt es zum Beispiel vor, dass deutsche Unternehmer verpflichtet werden, nachträglich Mehrwertsteuer zu zahlen. Dies kann immer dann passieren, wenn es Unregelmäßigkeiten bei den UStIDs gibt. Daher ist es sehr wichtig, dass Exporteure immer eine Prüfung der UStID beim Bundeszentralamt für Steuern durchführen.

Zudem müssen die Umsatzsteuerfristen immer eingehalten werden. Die Umsatzsteuermeldung muss darüber hinaus ausnahmslos auch für Kleinbeträge jeden Monat erfolgen. Die Frist für die Anmeldung ist der 25. des auf das Rechnungsdatum folgenden Monats.

Auch wichtig zu beachten ist, dass die Summe der Mehrwertsteuer in der polnischen Landeswährung Zloty (PLN) angegeben werden muss.

Zusammenfassung und Mehrwertsteuer in anderen EU-Ländern

Insgesamt lässt sich festhalten, dass auch der Handel mit Polen für Kopfzerbrechen sorgen kann. Von der Registrierung bis hin zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer in Polen warten hier und da ein paar Fallstricke. Wenn man in diesen Bereichen auf Nummer sicher gehen möchte, sollte man entweder sehr gut informiert sein oder letztendlich doch einen fähigen Steuerberater zur Unterstützung heranziehen.

Zum Vergleich stelle ich auch die Mehrwertsteuer anderer EU-Länder vor.

Mehrwertsteuersätze in den einzelnen EU-Ländern (Stand 1. Januar 2021)

LandLändercodeNormalsatzErmäßigter SatzStark ermäßigter SatzZwischensatz
ÖsterreichAT2010 / 13-13
BelgienBE216 / 12-12
BulgarienBG209--
ZypernCY195 / 9--
TschechienCZ2110 / 15--
DeutschlandDE197--
DänemarkDK25---
EstlandEE209--
GriechenlandEL246 / 13--
SpanienES21104-
FinnlandFI2410 / 14--
FrankreichFR205,5 / 102,1-
KroatienHR255 / 13--
UngarnHU275 / 18--
IrlandIE239 / 13,54,813,5
ItalienIT225 / 104-
LitauenLT215 / 9--
LuxemburgLU178314
LettlandLV2112 / 5--
MaltaMT185 / 7--
NiederlandeNL219--
PolenPL235 / 8--
PortugalPT236 / 13-13
RumänienRO195 / 9--
SchwedenSE256 / 12--
SlowenienSI229,5--
SlowakeiSK2010--

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