1. Brexit & Umsatzsteuer 2025: Was Händler heute wirklich beschäftigt
Fünf Jahre nach dem Brexit und ehrlich gesagt haben sich viele arrangiert. Die großen Schlagzeilen sind vorbei, die Panik auch. Aber wenn du heute nach Großbritannien verkaufst, weißt du: Die Details bleiben nervig. Es geht längst nicht mehr darum, ob du ein paar Formulare ausfüllen kannst. Es geht um Datenqualität, um Nachweise, die wirklich halten, und um Prozesse, die nicht bei jedem zweiten Paket hängen bleiben. In diesem Artikel teile ich, was wir bei countX in der Beratung aktuell sehen: Wo stolpern Händler 2025 immer noch? Welche Reformen stehen bevor? Und wie entwickelt sich das Thema UK VAT wirklich weiter?
2. Was der Brexit verändert hat und was davon bleibt
Großbritannien ist seit 2021 Drittland. Das weißt du. Aber was das konkret bedeutet, merkst du erst, wenn du die erste Lieferung verschickst: Zolldokumente, EORI-Nummern, oft ein Zollagent. Anfang 2021 standen LKWs tagelang an der Grenze. Kleine Händler haben zeitweise komplett aufgehört, nach UK zu liefern. Zu viel Chaos, zu wenig Durchblick.
Heute läuft es besser. Nicht weil die Regeln einfacher geworden sind, sondern weil sich Händler und Logistiker eingespielt haben. Trotzdem: Die grundsätzliche Komplexität ist geblieben.
3. Mehr Bürokratie und neue Kosten im Cross Border Handel
Verkäufe nach UK sind keine innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr, sondern Exporte. Keine britische USt-IdNr. in der EU, keine Zusammenfassende Meldung, dafür Ausfuhrbelege. Umgekehrt können britische Unternehmen ihre Vorsteuer in der EU nur noch über das Rückerstattungsverfahren holen – umständlich und langwierig.
Das Ergebnis: Mehr Aufwand. Mehr Kosten. Und die umsatzsteuerliche Verantwortung liegt jetzt oft bei dir, nicht mehr automatisch beim Kunden.
4. Die Stolperfallen, die 2025 immer noch Ärger machen
In der Beratung sehen wir jeden Monat die gleichen Probleme. Nicht bei Anfängern, sondern auch bei Händlern, die seit Jahren nach UK verkaufen. Hier die häufigsten:
Fehler 1: Rechnungen mit deutscher Umsatzsteuer
Das ist der Klassiker. Auch 2025 schicken Händler Rechnungen mit 19% deutscher USt nach UK. Dabei ist die Regel eigentlich klar: Ausfuhrlieferungen sind steuerfrei nach § 4 Nr. 1a UStG.
Ausnahme: Du bist in UK registriert und lieferst DDP unter 135 GBP an Endkunden. Dann musst du britische VAT berechnen. Aber das ist die Ausnahme, nicht die Regel.
Fehler 2: Incoterms und wer rechtlich Importeur ist
Viele Händler verstehen nicht, was DDP und DAP bedeuten. Bei DDP bist du der Importeur. Das heißt: Du brauchst eine britische EORI-Nummer und im Normalfall auch eine UK VAT-Registrierung. Bei DAP zahlt der Kunde die Einfuhrsteuer selbst – was häufig zu Retouren führt, weil niemand das vorher kommuniziert hat.
Das steht dann in den AGB, aber eben so, dass es keiner liest. Und dann ist der Kunde sauer, weil er 30 Pfund Zoll nachzahlen soll.
Mein Tipp: Mach's transparent. Im Checkout. Auf der Produktseite. Nicht irgendwo im Kleingedruckten.
Fehler 3. Die 135-Pfund-Grenze unterschätzt und teuer
Wenn du Waren unter 135 Pfund direkt an Endkunden lieferst, bist du verpflichtet, UK VAT zu berechnen und in Großbritannien anzumelden. Viele Händler behandeln diese Verkäufe trotzdem als steuerfrei – weil sie es nicht besser wissen oder weil ihr System die Grenze nicht automatisch prüft.
Das fällt spätestens bei einer Betriebsprüfung auf. Und dann wird's richtig unangenehm.
Fehler 4: Nordirland ist nicht UK (zumindest nicht umsatzsteuerlich)
Nordirland ist seit dem Brexit umsatzsteuerlich Teil der EU geblieben. Rechnungen an Unternehmer mit XI-USt-ID sind innergemeinschaftlich steuerfrei – wie an deutsche oder französische Kunden auch.
Viele Shopsysteme erkennen den Unterschied zwischen GB und XI nicht automatisch. Ergebnis: Falsche Steuerberechnung, falsche Meldungen, Ärger mit HMRC.
Fehler 5: Fehlende EORI oder falsch verzollt
Ohne EORI-Nummer keine saubere Verzollung. Klingt einfach, ist es auch. Trotzdem läuft die Verzollung bei vielen Händlern über das Logistikunternehmen – DPD, UPS, DHL – weil das erst mal einfacher scheint.
Das Problem: Wenn der Logistiker als Importeur auftritt, bekommst du keinen C79-Nachweis. Und ohne C79 kannst du die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Das kostet dich am Ende echtes Geld.
5. Einfuhrumsatzsteuer zurückholen: C79 oder MPIVS?
Wenn du in UK als Importeur auftrittst, zahlst du Einfuhrumsatzsteuer. Die willst du natürlich zurückholen. Dafür gibt es zwei Wege:
C79-Formular: Das bekommst du monatlich von HMRC – aber nur, wenn du bei der Einfuhr korrekt als Importeur registriert bist. Das Formular listet alle Importe auf, für die du Einfuhr-VAT gezahlt hast. Ohne C79 kein Vorsteuerabzug.
MPIVS (Postponed VAT Accounting): Hier verrechnest du die Einfuhrumsatzsteuer direkt in deiner UK-Umsatzsteuervoranmeldung. Du lädst das MPIVS-PDF aus dem CDS-Portal runter, und fertig. Vorteil: Du musst die Steuer nicht vorfinanzieren. Kein Cashflow-Problem mehr.
In der Praxis nutzen die meisten größeren Händler mittlerweile MPIVS. Das C79 ist eher für Unternehmen, die nur gelegentlich importieren.
6. Ein echtes Beispiel aus der Beratung
Ein Händler versendete mit DPD nach UK, aber ohne EORI oder Registrierung. Ergebnis: DPD trat als Importeur auf, der Händler bekam keinen C79, die Steuer war nicht abziehbar. Lösung: Registrierung für UK VAT und britische EORI, Versandumstellung auf DDP, klare Kommunikation mit DPD. Jetzt läuft alles sauber – und die Kunden sind zufrieden.
Warum manuelle Prozesse nicht funktionieren
Wir analysieren bei countX monatlich mehrere tausend UK-Transaktionen. Und wir finden immer wieder die gleichen Fehler:
- Warenwerte unter 135 Pfund, die falsch behandelt werden
- Versandarten (DDP/DAP), die nicht mit der Steuerberechnung übereinstimmen
- Fehlende Ausfuhrnachweise (ATLAS)
- Nordirland-Lieferungen, die wie GB behandelt werden
Das sind keine Einzelfälle. Das sind Muster. Und die wirst du mit Excel nicht in den Griff bekommen.
7. Was sich 2025 und danach ändern könnte
HMRC hat angekündigt, die Kontrollen weiter zu verschärfen.
Besonders bei:
- Kleinsendern unter 135 Pfund (die häufig keine VAT berechnen)
- DDP-Lieferungen ohne korrekte EORI
- Postponed VAT Accounting, das nicht ordnungsgemäß dokumentiert ist
Die Zeiten, in denen man "mal schauen" konnte, sind vorbei. Wer heute nach UK verkauft, braucht Prozesse, die halten – nicht nur für die nächste Lieferung, sondern auch für die nächste Prüfung.
8. Fazit: Daten statt Dokumenten
Der Brexit hat den Handel nicht gestoppt. Aber er hat gezeigt, wie wichtig digitale, saubere Prozesse sind. Wer heute nach UK verkauft, braucht kein dickeres Steuerhandbuch. Sondern ein System, das die Daten richtig interpretiert, die Grenzwerte prüft und die Meldungen automatisch erstellt.
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