Brexit & Umsatzsteuer I Lesezeit: 3 Minuten
Zuletzt aktualisiert: 06. November 2025

Brexit & Umsatzsteuer 2025: UK VAT Guide für Händler

Fünf Jahre nach dem Brexit bleibt der Handel mit UK komplex: Neue VAT-Pflichten, strengere Kontrollen und digitale Nachweispflichten. Erfahre, worauf Händler 2025 wirklich achten müssen.
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1. Brexit & Umsatzsteuer 2025: Was Händler heute wirklich beschäftigt

Fünf Jahre nach dem Brexit und ehrlich gesagt haben sich viele arrangiert. Die großen Schlagzeilen sind vorbei, die Panik auch. Aber wenn du heute nach Großbritannien verkaufst, weißt du: Die Details bleiben nervig. Es geht längst nicht mehr darum, ob du ein paar Formulare ausfüllen kannst. Es geht um Datenqualität, um Nachweise, die wirklich halten, und um Prozesse, die nicht bei jedem zweiten Paket hängen bleiben. In diesem Artikel teile ich, was wir bei countX in der Beratung aktuell sehen: Wo stolpern Händler 2025 immer noch? Welche Reformen stehen bevor? Und wie entwickelt sich das Thema UK VAT wirklich weiter?

Begriff Erklärung
HMRC His Majesty’s Revenue & Customs – die britische Steuer- und Zollbehörde, vergleichbar mit dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Zuständig für VAT, Zoll und Making Tax Digital.
EORI-Nummer Europäische Registrierungsnummer für Zollvorgänge. Ohne EORI keine Ausfuhranmeldung oder saubere Verzollung.
DDP / DAP Internationale Incoterms, die regeln, wer Importeur ist. DDP: Verkäufer zahlt alle Abgaben.
DAP: Käufer zahlt Einfuhrsteuer selbst.
C79 Formular Monatliches Dokument von HMRC, das gezahlte Einfuhrumsatzsteuer nachweist. Notwendig für den Vorsteuerabzug in UK.
MPIVS Monthly Postponed Import VAT Statement – digitale Variante des C79, über das HMRC-Portal abrufbar. Ermöglicht Verrechnung der Einfuhrsteuer direkt in der VAT-Erklärung.

Hinweis: Die Begriffe beziehen sich auf steuerliche Verfahren im Handel mit Großbritannien (Stand 2025).

2. Was der Brexit verändert hat und was davon bleibt

Großbritannien ist seit 2021 Drittland. Das weißt du. Aber was das konkret bedeutet, merkst du erst, wenn du die erste Lieferung verschickst: Zolldokumente, EORI-Nummern, oft ein Zollagent. Anfang 2021 standen LKWs tagelang an der Grenze. Kleine Händler haben zeitweise komplett aufgehört, nach UK zu liefern. Zu viel Chaos, zu wenig Durchblick.

Heute läuft es besser. Nicht weil die Regeln einfacher geworden sind, sondern weil sich Händler und Logistiker eingespielt haben. Trotzdem: Die grundsätzliche Komplexität ist geblieben.

3. Mehr Bürokratie und neue Kosten im Cross Border Handel

Verkäufe nach UK sind keine innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr, sondern Exporte. Keine britische USt-IdNr. in der EU, keine Zusammenfassende Meldung, dafür Ausfuhrbelege. Umgekehrt können britische Unternehmen ihre Vorsteuer in der EU nur noch über das Rückerstattungsverfahren holen – umständlich und langwierig.

Das Ergebnis: Mehr Aufwand. Mehr Kosten. Und die umsatzsteuerliche Verantwortung liegt jetzt oft bei dir, nicht mehr automatisch beim Kunden.

4. Die Stolperfallen, die 2025 immer noch Ärger machen

In der Beratung sehen wir jeden Monat die gleichen Probleme. Nicht bei Anfängern, sondern auch bei Händlern, die seit Jahren nach UK verkaufen. Hier die häufigsten:

Fehler 1: Rechnungen mit deutscher Umsatzsteuer

Das ist der Klassiker. Auch 2025 schicken Händler Rechnungen mit 19% deutscher USt nach UK. Dabei ist die Regel eigentlich klar: Ausfuhrlieferungen sind steuerfrei nach § 4 Nr. 1a UStG.

Ausnahme: Du bist in UK registriert und lieferst DDP unter 135 GBP an Endkunden. Dann musst du britische VAT berechnen. Aber das ist die Ausnahme, nicht die Regel.

Fehler 2: Incoterms und wer rechtlich Importeur ist

Viele Händler verstehen nicht, was DDP und DAP bedeuten. Bei DDP bist du der Importeur. Das heißt: Du brauchst eine britische EORI-Nummer und im Normalfall auch eine UK VAT-Registrierung. Bei DAP zahlt der Kunde die Einfuhrsteuer selbst – was häufig zu Retouren führt, weil niemand das vorher kommuniziert hat.

Das steht dann in den AGB, aber eben so, dass es keiner liest. Und dann ist der Kunde sauer, weil er 30 Pfund Zoll nachzahlen soll.

Mein Tipp: Mach's transparent. Im Checkout. Auf der Produktseite. Nicht irgendwo im Kleingedruckten.

Fehler 3. Die 135-Pfund-Grenze  unterschätzt und teuer

Wenn du Waren unter 135 Pfund direkt an Endkunden lieferst, bist du verpflichtet, UK VAT zu berechnen und in Großbritannien anzumelden. Viele Händler behandeln diese Verkäufe trotzdem als steuerfrei – weil sie es nicht besser wissen oder weil ihr System die Grenze nicht automatisch prüft.

Das fällt spätestens bei einer Betriebsprüfung auf. Und dann wird's richtig unangenehm.

Fehler 4: Nordirland ist nicht UK (zumindest nicht umsatzsteuerlich)

Nordirland ist seit dem Brexit umsatzsteuerlich Teil der EU geblieben. Rechnungen an Unternehmer mit XI-USt-ID sind innergemeinschaftlich steuerfrei – wie an deutsche oder französische Kunden auch.

Viele Shopsysteme erkennen den Unterschied zwischen GB und XI nicht automatisch. Ergebnis: Falsche Steuerberechnung, falsche Meldungen, Ärger mit HMRC.

Fehler 5: Fehlende EORI oder falsch verzollt

Ohne EORI-Nummer keine saubere Verzollung. Klingt einfach, ist es auch. Trotzdem läuft die Verzollung bei vielen Händlern über das Logistikunternehmen – DPD, UPS, DHL – weil das erst mal einfacher scheint.

Das Problem: Wenn der Logistiker als Importeur auftritt, bekommst du keinen C79-Nachweis. Und ohne C79 kannst du die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Das kostet dich am Ende echtes Geld.

5. Einfuhrumsatzsteuer zurückholen: C79 oder MPIVS?

Wenn du in UK als Importeur auftrittst, zahlst du Einfuhrumsatzsteuer. Die willst du natürlich zurückholen. Dafür gibt es zwei Wege:

C79-Formular: Das bekommst du monatlich von HMRC – aber nur, wenn du bei der Einfuhr korrekt als Importeur registriert bist. Das Formular listet alle Importe auf, für die du Einfuhr-VAT gezahlt hast. Ohne C79 kein Vorsteuerabzug.

MPIVS (Postponed VAT Accounting): Hier verrechnest du die Einfuhrumsatzsteuer direkt in deiner UK-Umsatzsteuervoranmeldung. Du lädst das MPIVS-PDF aus dem CDS-Portal runter, und fertig. Vorteil: Du musst die Steuer nicht vorfinanzieren. Kein Cashflow-Problem mehr.

In der Praxis nutzen die meisten größeren Händler mittlerweile MPIVS. Das C79 ist eher für Unternehmen, die nur gelegentlich importieren.

6. Ein echtes Beispiel aus der Beratung

Ein Händler versendete mit DPD nach UK, aber ohne EORI oder Registrierung. Ergebnis: DPD trat als Importeur auf, der Händler bekam keinen C79, die Steuer war nicht abziehbar. Lösung: Registrierung für UK VAT und britische EORI, Versandumstellung auf DDP, klare Kommunikation mit DPD. Jetzt läuft alles sauber – und die Kunden sind zufrieden.

Warum manuelle Prozesse nicht funktionieren

Wir analysieren bei countX monatlich mehrere tausend UK-Transaktionen. Und wir finden immer wieder die gleichen Fehler:

  1. Warenwerte unter 135 Pfund, die falsch behandelt werden
  2. Versandarten (DDP/DAP), die nicht mit der Steuerberechnung übereinstimmen
  3. Fehlende Ausfuhrnachweise (ATLAS)
  4. Nordirland-Lieferungen, die wie GB behandelt werden

Das sind keine Einzelfälle. Das sind Muster. Und die wirst du mit Excel nicht in den Griff bekommen.

7. Was sich 2025 und danach ändern könnte

HMRC hat angekündigt, die Kontrollen weiter zu verschärfen.
Besonders bei:

  1. Kleinsendern unter 135 Pfund (die häufig keine VAT berechnen)
  2. DDP-Lieferungen ohne korrekte EORI
  3. Postponed VAT Accounting, das nicht ordnungsgemäß dokumentiert ist

Die Zeiten, in denen man "mal schauen" konnte, sind vorbei. Wer heute nach UK verkauft, braucht Prozesse, die halten – nicht nur für die nächste Lieferung, sondern auch für die nächste Prüfung.

8. Fazit: Daten statt Dokumenten

Der Brexit hat den Handel nicht gestoppt. Aber er hat gezeigt, wie wichtig digitale, saubere Prozesse sind. Wer heute nach UK verkauft, braucht kein dickeres Steuerhandbuch. Sondern ein System, das die Daten richtig interpretiert, die Grenzwerte prüft und die Meldungen automatisch erstellt.

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Dana Börnke
Als Senior Marketing Managerin bei countX verbindet sie E-Commerce-Expertise mit digitalem Wachstum

Häufige Fragen zu Brexit & Umsatzsteuer

Wann muss ich mich in Großbritannien für die Umsatzsteuer (UK VAT) registrieren?
Eine UK VAT-Registrierung ist erforderlich, wenn du Waren unter 135 GBP direkt an Endkunden verkaufst, wenn du DDP-Lieferungen anbietest oder ein Lager in Großbritannien nutzt. In diesen Fällen musst du britische Umsatzsteuer berechnen und regelmäßig VAT-Meldungen einreichen.
Was bedeutet HMRC?
HMRC steht für His Majesty’s Revenue and Customs, die britische Steuer- und Zollbehörde. Sie ist zuständig für Umsatzsteuer-Registrierungen, Zollverfahren, VAT-Meldungen und das C79- bzw. MPIVS-Formular.
Was ist MPIVS (Postponed VAT Accounting)?
Das MPIVS, auch Postponed VAT Accounting genannt, ist das digitale Pendant zum C79-Formular. Du kannst damit die Einfuhrumsatzsteuer direkt in deiner UK-VAT-Meldung verrechnen, ohne sie vorzufinanzieren. Das MPIVS-PDF steht im CDS-Portal bereit.
Was passiert, wenn ich keine EORI-Nummer habe?
Ohne gültige EORI-Nummer ist keine ordnungsgemäße Verzollung möglich. Wird die Einfuhr über den Logistikdienstleister abgewickelt, kann dieser als Importeur gelten – du verlierst dann den Anspruch auf den C79-Nachweis und damit auf den Vorsteuerabzug.
Was ist die 135-Pfund-Grenze im UK-Handel?
Die 135-Pfund-Grenze gilt für B2C-Verkäufe nach Großbritannien. Liegt der Warenwert unter 135 GBP, musst du als Verkäufer britische Umsatzsteuer berechnen und in UK melden. Oberhalb dieser Grenze zahlt der Importeur die Einfuhrumsatzsteuer.
Was ist das C79-Formular?
Das C79 ist ein monatliches Dokument von HMRC, das alle Importe auflistet, für die du Einfuhrumsatzsteuer gezahlt hast. Es dient als offizieller Nachweis für den Vorsteuerabzug in Großbritannien.
Wie wird Nordirland umsatzsteuerlich behandelt?
Nordirland bleibt umsatzsteuerlich Teil der EU. Rechnungen an Unternehmen mit XI-USt-ID gelten als innergemeinschaftlich steuerfrei. Für andere britische Regionen (GB) gelten hingegen Export- und Drittlandsregeln.
Was kontrolliert HMRC ab 2025 verstärkt?
HMRC prüft verstärkt DDP-Lieferungen ohne EORI, Kleinsendungen unter 135 GBP ohne VAT-Registrierung und fehlerhafte Postponed-VAT-Reports. Händler sollten ihre VAT-Prozesse automatisieren, um Nachzahlungen und Strafen zu vermeiden.