1. Was ist Amazon Pan-EU?
Amazon Pan-EU (Pan-European FBA) ist ein Fulfillment-Programm, bei dem Amazon deine Produkte in mehreren europäischen Ländern lagert und von dort an Kunden versendet.
Das Ziel: Deine Produkte sollen näher bei deinen Kunden sein, damit sie schneller geliefert werden können.
Mit einem einzigen Klick im Amazon Sellercentral aktivierst du Pan-EU – und Amazon übernimmt den Rest: Lagerung, Verpackung, Versand und Kundenservice. Was viele nicht wissen: Amazon verschiebt deine Ware automatisch zwischen den aktivierten Ländern. Damit ändert sich auch deine steuerliche Verantwortung.
Kurz gesagt: Mit Pan-EU erreichst du mehr potentielle Kunden aber auch mehr Finanzämter.
2. Warum Pan-EU so beliebt ist
Der größte Vorteil liegt auf der Hand: Prime-Eligibility und schnellere Lieferzeiten. Wenn dein Produkt bereits in Frankreich lagert und ein Kunde aus Paris bestellt, kann Amazon über Nacht liefern. Das bedeutet:
- Höhere Conversion-Rates durch Prime-Badge
- Bessere Buy-Box-Chancen
- Zufriedenere Kunden durch schnellen Versand
- Höhere Sichtbarkeit in lokalen Marktplätzen
Aber: Doch wo Amazon Logistik vereinfacht, wird Steuerrecht kompliziert.
3. Wie funktioniert das Lagerkonzept bei Pan-EU?
Amazon entscheidet, wo deine Produkte lagern – basierend auf Nachfrage, Lagerkapazität und Logistik-Effizienz. Du sendest deine Ware zu einem zentralen Lager (meist Deutschland), und Amazon verteilt sie von dort automatisch auf verschiedene Fulfillment-Center.
Beispielhafte Lagerländer: Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Tschechien, Niederlande.
Was das für dich bedeutet:
Vorteil: Du musst dich nicht um die Logistik kümmern – Amazon optimiert die Verteilung für maximale Geschwindigkeit.
Nachteil: Du hast keine Kontrolle darüber, in welchen Ländern deine Ware landet. Heute lagert sie in Polen, morgen auch in Spanien.
Wichtig: Sobald Amazon deine Produkte in einem EU-Land lagert, bist du dort umsatzsteuerpflichtig! Egal ob du selbst aktiv Ware in dieses Land gesendet hast.
4. Umsatzsteuerpflichten in jedem Lagerland
Grundregel: Jede physische Lagerung = steuerliche Registrierungspflicht in diesem Land.
Wenn Amazon deine Produkte in Spanien, Italien, Polen oder Frankreich lagert, brauchst du in jedem Land:
- Eine lokale VAT-Nummer (Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)
- Regelmäßige Umsatzsteuer-Voranmeldungen in der jeweiligen Landessprache
- Ggf. Intrastat-Meldungen (bei Warenbewegungen über 800.000 €)
- Lokale Jahreserklärungen und Archivierungspflichten
5. OSS vs. lokale Meldung – ein wichtiger Unterschied
OSS gilt nur für grenzüberschreitende Verkäufe aus deinem Heimatland. Sobald du Ware im Ausland lagerst, gilt OSS nicht mehr. Verkäufe aus diesen Lagern müssen über lokale Umsatzsteuer-Meldungen abgewickelt werden.
5.1 Was ist OSS?
OSS (One-Stop-Shop) ist eine Vereinfachungsregelung für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb der EU. Du kannst alle Umsätze zentral in Deutschland melden, statt in jedem Land einzeln.
ABER: OSS gilt nur für Verkäufe aus Deutschland über Ländergrenzen hinweg.
5.2 Wann OSS NICHT mehr greift:
Sobald du Ware in einem anderen EU-Land lagerst, gilt OSS nicht mehr für die Verkäufe aus diesem Lager. Stattdessen:
- Die Ware in Spanien lagerst → Spanische Umsatzsteuer fällig
- Die Ware in Polen lagerst → Polnische Umsatzsteuer fällig
- Die Ware in Italien lagerst → Italienische Umsatzsteuer fällig
Du brauchst also lokale VAT-Registrierungen in allen Lagerländern.
Fazit: OSS ist kein Ersatz für Pan-EU-Registrierungen. Du brauchst beides.
6. Praxisbeispiel: Wenn Amazon deine Ware nach Spanien verschiebt
Stell dir vor, du bist FBA-Händler aus Hamburg und verkaufst Yoga-Matten über Amazon. Du aktivierst das Pan-EU-Programm und schickst im Januar 500 Matten in ein deutsches Amazon-Lager. Gleichzeitig startest du die Umsatzsteuer-Registrierungen für die Pan-EU-Länder.
Aber – und hier kommt das große ABER:
Du musst zuerst registriert sein, bevor du in einem Land Waren lagern darfst.
Wenn Amazon also schon im Februar eigenständig 200 deiner Matten nach Spanien verschiebt, weil dort eine hohe Nachfrage erwartet wird, bist du dort noch gar nicht umsatzsteuerlich registriert. Diese Registrierung kann – je nach Land – bis zu 48 Wochen dauern.
Im März verkaufst du dann die ersten Matten direkt aus Spanien.
Und genau ab diesem Moment gilt:
Sobald deine Ware in Spanien liegt, bist du dort umsatzsteuerpflichtig – auch wenn deine Registrierung noch gar nicht abgeschlossen ist.
7. Fazit: Pan-EU richtig gemacht
Amazon Pan-EU ist ein mächtiges Tool, um deine Reichweite zu erhöhen und schnellere Lieferzeiten anzubieten. Aber die steuerlichen Pflichten dürfen nicht unterschätzt werden.
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Pan-EU bedeutet Lagerung in bis zu 7 EU-Ländern
- Jedes Lagerland = neue VAT-Registrierung erforderlich
- OSS ersetzt keine lokalen Meldungen bei Lagerung im Ausland
- Ohne Automatisierung wird es schnell unübersichtlich und zeitaufwändig
Mit der richtigen Vorbereitung und den passenden Tools kannst du die Vorteile von Pan-EU voll ausschöpfen ohne im Steuer-Chaos zu versinken.
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